Die Nervösen
pp. 276-288
in: , Vorlesungen über Psychopathologie des Kindesalters, Berlin, Springer, 1926Abstract
Die Hauptgruppe der Kinder, die wir dem Typus der "Nervösen" zurechnen, ist gekennzeichnet durch erhöhte Erregbarkeit, geringe Gesamtleistungsfähigkeit und geringes Ausgleichsvermögen. Es ist kein Zufall, daß zwei Fachausdrücke, nämlich Nervosität und Neurasthenie, nervös und neurasthenisch, die dem Wortsinne nach "nervenreich" und "nervenschwach" bedeuten, gewöhnlich ohne Unterschied für denselben Menschen angewendet werden. Doch hat der Sprachgebrauch den Ausdruck neurasthenisch mehr dem Erwachsenen vorbehalten, während "nervös' auch für das Kind angewendet wird. Wenn man auf dergleichen Sprachmoden auch keinen besonderen Wert legt, so kann man daran doch nicht vorübergehen, daß "nervös' mehr den Reichtum an auffälligen Äußerungen von Seiten des Nervensystems und der Psyche, "neurasthenisch" mehr das Versagen bei normalen Anforderungen an dasselbe heraushebt. Es liegt aber im Wesen der kindlichen Entwicklung, daß auffällige Äußerungen früher zutage treten können als ein Versagen. Denn schon der Säugling kann sie darbieten. Das früheste Zeichen ist ein Mangel an jenem eigenartigen Behagen, durch welches das normale Kleinkind sich auszeichnet.