a) Die Sensitiven. b) Das einzige Kind
pp. 418-434
in: , Vorlesungen über Psychopathologie des Kindesalters, Berlin, Springer, 1926Abstract
Wenn der Mensch im ganzen Kindesalter für ethische und ästhetische Werte nur wenig empfänglich, zu einer Stellungnahme zu ihnen unfähig wäre, wenn der Sinn und die Stimmungen des Scherzes und Ernstes es nur obenhin berührten, wenn Gefühlserlebnisse der Güte, des Mitleids, der Mißbilligung, der Scham und Beschämung, der Enttäuschung, des Erfolges, der persönlichen Geltung, der Geringschätzung usf., bzw. die hierzu gehörigen, von ihm selbst gehegten und die ihm entgegengebrachten Gesinnungen nur ganz flüchtigen Wesens wären und in der kindlichen Seele leer zerflössen oder sich höchstens in Augenblicksreaktionen auswirkten, dann gäbe es keine seelischen Kämpfe und Konflikte im kindlichen Leben, aber es gäbe auch keine Erziehung. So gehört denn ein tieferes Eindringen aller das Ich näher angehenden Erlebnisse, ein Verweilen und ein gewisses Vorhalten der Wirkung, eine Verarbeitung schon zu den charakterlichen Leistungen auch der frühen Kindheit. Aber die Bereitschaft des gesunden, ausgleichsfähigen Kindes zum Abrücken von solchen das Ich berührenden Vorfällen, zur Eigenbetätigung in ganz anderer Richtung, gewährleistet die Rückkehr zu minder gewichtigen, wenn möglich zu lustvollen Eindrücken.