Grundlagen der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie

pp. 189-198

in: Frank H. Witt, Theorietraditionen der betriebswirtschaftlichen Forschung, Wiesbaden, Gabler, 1995

Abstract

Als "verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie" oder "behavioral theory" werden eine Reihe von Arbeiten bezeichnet, die an der Carnegie — Mellon University in Pittsburgh entstanden sind. Der Entscheidungsbegriff bezieht sich auf die Koordination von Verhalten in Raum und Zeit ex ante, also im Vorhinein. Organisationen zeichnen sich dadurch aus, daß in ihnen Entscheidungen voneinander abhängig gemacht werden, also eine Entscheidung in einen Satz von Prämissen für jeweils andere Entscheidungen Eingang findet. Der Begriff der "Entscheidungsprämisse" wird allgemein zur Charakterisierung von Entscheidungssituationen herangezogen, wobei jede Entscheidung grundsätzlich in Abhängigkeit von den jeweils und nur für sie geltenden Prämissen getroffen wird. Der Begriff der Entscheidungsprämisse ersetzt also den Begriff der "Rolle" als ein spezifisches Bündel von Verhaltenserwartungen, die an eine Person gerichtet sind und den der "Pattern Variables' als Bündel entweder neutraler oder affektbesetzter Handlungsorientierungen einer Person, welche in der Sozialforschung der 40er und 50er Jahre allgemein favorisiert worden waren. Rollen und komplexe Verhaltensmuster sind, so Simon, zu unpräzise definiert, um als Grundlage für die Entwicklung von Modellen des Entscheidungsverhaltens von Individuuen zu dienen, denn sie schließen ein Modell der sich verhaltenden Person ein. Die Entscheidungstheorie interessiert sich demgegenüber lediglich nur für den Entscheidungskontext im engeren Sinne, also für den Zusammenhang von Prämissen und Entscheidungen.¹⁰⁰