Prognose

pp. 23-41

in: Alois Hahn, Erinnerung und Prognose, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 2003

Abstract

Mit unserem Bewusstsein geht es wie mit der sozialen Kommunikation: Wir können nur in der Gegenwart wahrnehmen, denken oder empfinden oder handeln, es kann nur in der Gegenwart kommuniziert werden. Auch unser Körper kann nur in der Gegenwart operieren, also etwa sich bewegen, verdauen usw.. Dasselbe gilt auch für Maschinen: Ihre Operationen finden immer in der jeweiligen Operationszeit statt. Damit ist nicht gesagt, das Vergangenheit oder Zukunft unwichtig für gegenwärtiges Operieren sei. Eine Maschine z. B. kann sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in Gang setzen, weil sie in der vorrausgehenden Zeit entsprechend eingestellt worden ist. Gegenwärtiges kann durch Vergangenes bedingt sein. Für sinnhaftes Handeln oder Vorstellen gilt überdies, dass es Gegenwart oder Zukunft zum Bezugspunkt hat und dass es durch entsprechende Erinnerungen oder Erwartungen diese oder jene Richtung nimmt. Entscheidungen finden zwar in einem akuten Augenblick statt, aber sie wurden typischerweise vorbereitet und ihr eigentlicher Sinn impliziert eine Festlegung für die nähere oder fernere Zukunft. In gewisser Weise lässt sich also behaupten, dass zwar in der Gegenwart gehandelt, erlebt, entschieden, gedacht, geredet, geschrieben oder gelesen werden muss, dass aber eine reine Gegenwart, die völlig allen sinnhaften Kontakt zur Vergangenheit oder Zukunft verloren hätte, unmöglich ist. Der Sinn einer jeden Operation ist durch die Einbettung in Horizonte strukturiert.