

Religiöse Sprachverwendung
pp. 405-412
in: Frank Liedtke, Astrid Tuchen (eds), Handbuch Pragmatik, Stuttgart, Metzler, 2018Abstract
Religiöse Sprachverwendung ist in der Sprachwissenschaft erst in jüngster Zeit einer kritischen Revision unterzogen worden. Zuvor konzentrierte sich die linguistische Diskussion auf sprachliche Phänomene innerhalb der christlichen Religionen und dies zumeist in strukturalistischer oder sprachhistorischer Weise. Dabei ist das christliche Denken weit in die linguistische Terminologie der Beschäftigung mit Sprache und Religion eingedrungen, beispielsweise in der Rede von einer vertikalen und einer horizontalen Achse in der religiösen Sprachverwendung (vgl. Paul 1990: passim; Lasch 2011: 540, 544 ff.). Diese Termini von ›Vertikalität‹ und ›Horizontalität‹ wurzeln in allgemeinen Vorstellungen von einem Himmel, der in der christlichen Imagination ›oben‹ ist, und einer Hölle, die in irgendeiner Weise ›unten‹ liegt, ›dazwischen‹ spannt sich die menschliche Welt auf einer Ebene auf, die dann als ›horizontal‹ erscheint. Aus religionslinguistischer Sicht ist mit einer solchen, konfessionell geprägten Terminologie und der damit einhergehenden Suggestivität größte Vorsicht geboten, da anders metaphorisierte religiöse Metaphysiken, die beispielsweise eher mit dem Begriff der Grenze operieren (vgl. Duerr 1985), nicht adäquat erfasst werden können.