Abstract
Die Philosophie der drei Jahrhunderte zwischen Petrarca und Descartes ist ein Reflex (keine Reflexion) des Übergangs. In ihr zeigt sich die geistige Unruhe, die mit dem Zerfall der mittelalterlichen Weltanschauung die Menschen ergriffen hatte — eine Unruhe, die sich dem alltäglichen Leben spürbar in den Veränderungen der Sozialstruktur und der politischen Herrschaftsverhältnisse vermittelte; die im Zuwachs an Wissen die gewohnten Deutungsmuster der Welt brüchig werden liess; die im Zerfall der kirchlichen Institutionen und ihrer gesellschaftlichen Funktion den Wunsch nach religiöser Erneuerung aufkommen liess.1 Die Erschliessung der antiken Quellen weitete den Horizont; glaubensunabhängige Vorbilder vernunftgeleiteter Weltorientierung wurden als brauchbar für den Umgang mit den eigenen Lebensproblemen entdeckt, wodurch die Aushöhlung der scholastischen Ordnungsideologie beschleunigt wurde.