

"Die Wandlung findet nicht im Geist statt, sondern in den Genen."
Der Mensch als Schöpfer seiner selbst in der Gegenwartsliteratur
pp. 361-386
in: Joachim Klose, Jochen Oehler (eds), Gott oder Darwin?, Berlin, Springer, 2008Abstract
Das Thema ist keineswegs neu. Früh schon (ja fast parallel zu ihrer Veröffentlichung) hat die Evolutionstheorie, als naturwissenschaftliches Erklärungsmodell für die Entstehung und Veränderung von Arten, in der Literatur ein Echo gefunden, teilweise zustimmend, meist jedoch als Reibungsfläche (vgl. Sprengel 1998; Michler 1999; Schnackertz 1992). Im deutschen Sprachraum setzen sich beispielsweise Felix Dahn, Wilhelm Busch, Ferdinand von Saar, Wilhelm Raabe oder Karl May mit den Thesen von Charles Darwin und ihrer Modifikation durch Ernst Haeckel auseinander. Machtvoll werden deren Gedanken dann von den Autoren des internationalen Naturalismus aufgegriffen, wo entsprechende Denkformen auch Eingang in die Literaturtheorie finden (vgl. Hoeges 1980; Holz 1926). Während der gesamten Moderne bleibt diese Herausforderung virulent, sei es bei Franz Kafka, sei es bei Gottfried Benn (vgl. Bürger 2003; Kirchdörfer-Boßmann 2003), bis hin zu Max Frischs Spätwerk "Der Mensch erscheint im Holozän" (1979), wo die Düsternis der individuellen Endzeit des Alters mit der einer angesichts ökologischer Katastrophen auslaufenden Evolution gekreuzt wird.