

Nouveau Roman, Nouveau Nouveau Roman
Literarische Avantgarde um 1960
pp. 265-352
in: Peter Brockmeier, Hermann H. Wetzel (eds), Französische literatur in Einzeldarstellungen 3, Stuttgart, Metzler, 1982Abstract
Als in Frankreich unlängst die »Neuen Philosophen« von sich reden machten, war ihre über den Antimarxismus hinaus antiaufklärerische Stoßrichtung unverkennbar, und der Beifall der Rechten bis hin zum biologistisch-elitären GRECE machte von Anfang an deutlich, daß hier, wie so oft, ›neu‹ und ›progressiv‹ nicht Synonyme sind. Anders war das Bild zunächst beim »Neuen Roman« der fünfziger Jahre. Aus einer locker um einen für Literaturexperimente aufgeschlossenen Verleger gruppierten Reihe relativ unbekannter Autoren wurde bald eine ›Gruppe‹ oder ›Schule‹, an der nach anderen Benennungsversuchen das Etikett »Nouveau Roman« haftenblieb, — nach eigener Einschätzung der Mitglieder [1] eher aus Gründen journalistischer Publicity denn aufgrund fundamentaler Konvergenzen oder theoretischer Selbstverständigung. Daß die ersten, heftigsten und albernsten Angriffe zunächst von der konservativen Presse ausgingen [2], trug wohl ebenso dazu bei, dem Neuen Roman ein progressives Image zu verleihen, wie ein linkes, materialistisches Vokabular und auch anfängliches politisches Engagement seiner Autoren. So unterzeichneten A. Robbe-Grillet und Cl. Simon mit Sartre das berühmtgewordene Manifest der 121 das die Desertion französischer Soldaten im algerischen Kolonialkrieg guthieß und für einige der Initiatoren strafrechtliche Verfolgung nach sich zog. In den fünfziger und frühen sechziger Jahren waren es neben dem damals linksbürgerlichen Express vor allem die kommunistischen Lettres Françaises die den jungen Rebellen ihre Spalten öffneten.