

Theorien zum Spracherwerb
pp. 468-485
in: Lieselotte Ahnert (ed), Theorien in der Entwicklungspsychologie, Berlin, Springer, 2014Abstract
Ein Bewusstsein für das Besondere menschlicher Sprachfähigkeit ist historisch schon sehr früh dokumentiert. Insbesondere sind jedoch Experimente bekannt geworden, die die Frage zu beantworten versuchten, wie Sprache überhaupt zustande kommt und welche die "Ursprache" unter der Vielzahl der Sprachen sei. Dafür wurden heute ethisch nicht vertretbare Experimente durchgeführt, in denen Kinder in totaler Isolation gehalten wurden, um die sich vermutlich spontan entwickelnde Ursprache letztendlich entdecken zu können. Der ägyptische Pharao Psammetich I. (664–610 v. Chr.), aber auch einige mittelalterliche Herrscher wie beispielsweise Kaiser Friedrich II. (1194–1250) sollen derartige "royal investigations" angeordnet haben (vgl. Campbell & Grieve, 1982; Deutsch & El Mogharbel, 2007). Diese Bemühungen blieben jedoch erfolglos, da die meisten Kinder die Deprivationsexperimente nicht überlebten. Das heutige Wissen über den individuellen Spracherwerb und die unterschiedlichen Ansätze zur Erklärung der dabei beteiligten Strukturen und Prozesse sollen im vorliegenden Kapitel dargestellt werden. In einem solchen übergreifenden Abriss können diese Inhalte allerdings lediglich skizziert werden.