

Das kulturelle Gedächtnis
pp. 93-101
in: Christian Gudehus, Ariane Eichenberg, Harald Welzer (eds), Gedächtnis und Erinnerung, Stuttgart, Metzler, 2010Abstract
Nur wenige Themen haben während der letzten zwei Jahrzehnte in Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien gleichermaßen Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie der Begriff des kulturellen Gedächtnisses. Bemerkenswert an der gegenwärtigen Popularisierung des Gedächtnisses ist, dass der Gedächtnis-Boom selbst zum Teil des kulturellen Gedächtnisses des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts wird. Ungeachtet der Popularität, oder vielleicht gerade deshalb, bleibt der Begriff des kulturellen Gedächtnisses eher ungenau. Wie aber der akademische Imperativ der Produktdifferenzierung verlangt, ist es genau diese Unbestimmtheit des Begriffes des kulturellen Gedächtnisses, die eine Vielzahl von Disziplinen aus Sozialwissenschaft, den Geisteswissenschaften und Neurowissenschaften angelockt hat. In einigen Fällen bezieht sich das kulturelle Gedächtnis auf einen spezifischen Aspekt des Gedächtnisses oder dient als eine übergreifende Kategorie, während er in den meisten anderen Fällen synonym mit dem gleichermaßen mehrdeutigen Begriff des kollektiven Gedächtnisses gebraucht wird (s. Kap. II.2).