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Publication details

Publisher: Springer

Place: Berlin

Year: 2013

Pages: 93-101

ISBN (Hardback): 9783658021931

Full citation:

, "Kulturprobleme, Interessen und Perspektiven", in: Wert, Berlin, Springer, 2013

Kulturprobleme, Interessen und Perspektiven

pp. 93-101

in: Jürgen Ritsert, Wert, Berlin, Springer, 2013

Abstract

In seiner programmatischen Schrift über die "Objektivität sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis' benutzt Weber des Öfteren Begriffe wie "Kulturfrage" (GWL 133) oder "Kulturproblem" (GWL 184). Seine zentrale These lautet, dass in den "Wissenschaften von der menschlichen Kultur" – ich denke: nicht nur in diesen – "die Bildung der Begriffe von der Stellung der Probleme abhängt und dass diese letztere wandelbar ist mit dem Inhalt der Kultur selbst" (GWL 207). Im Einklang mit dieser Grundannahme kann Weber daher sagen: "Nicht die >>sachlichen<< Zusammenhänge der >>Dinge<<, sondern die gedanklichen Zusammenhänge der Probleme liegen den Arbeitsgebieten der Wissenschaften zugrunde" (GWL 166; Herv. i. Org.). Diese Aussage klingt an der Oberfläche nach Kulturrelativismus. Aber ich denke, es ist gerade Max Weber völlig klar gewesen, dass z. B. Zweckrationalität eine Norm darstellt, die zwar im Okzident kulturspezifische Ausprägungen und Steigerungen erfahren hat, dass jedoch keine Kultur hätte überleben können, wären ihr auf Dauer die in welchen Graden auch immer erfolgreiche Zuordnung der Mittel zu Zwecken misslungen. Zweckrationalität stellt eine durchgängige, historisch konkret äußerst verschiedenartig ausgeprägte Umgangsform mit dem Äonen der Menschheitsgeschichte übergreifenden Systemproblem der materiellen Reproduktion dar. Da es nicht nur ideelle "Kulturprobleme" gibt, die sich etwa der Vagheit oder Widersprüchlichkeit von "Kulturwertideen" verdanken, nicht nur kognitive oder theoretische Schwierigkeiten vorzufinden sind, sondern auch handfeste Handlungsprobleme der Individuen und Gruppen sowie Systemprobleme (etwa vom Rang ökonomischer Krisen der Gesellschaft), wären demnach ganz allgemein gesellschaftliche Probleme (als Einheit von Problemsituation und Problembewusstsein verstanden) als der Grund, gleichsam als die Startzone eines wissenssoziologischen Kreislaufmodelles (s.u.) anzusehen. Dieser Ansicht ist ausdrücklich Karl Raimund Popper und – so verwunderlich es klingen mag – auch sein Kontrahent im Positivismusstreit: Theodor W. Adorno. Popper sagt: "Die Erkenntnis beginnt nicht mit Wahrnehmungen oder Beobachtungen oder der Sammlung von Daten oder von Tatsachen, sondern sie beginnt mit Problemen."

Publication details

Publisher: Springer

Place: Berlin

Year: 2013

Pages: 93-101

ISBN (Hardback): 9783658021931

Full citation:

, "Kulturprobleme, Interessen und Perspektiven", in: Wert, Berlin, Springer, 2013